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Positionspapier: Soziale Arbeit mit Geflüchteten

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Positionspapier: Soziale Arbeit mit Geflüchteten in Gemeinschaftsunterkünften – Professionelle Standards und sozialpolitische Basis

„Im Rahmen ihrer Tätigkeit werden Sozialarbeiter_innen in Gemeinschaftsunterkünften vielerorts in Tätigkeiten verwickelt, die mandatswidrig sind. Etwa wenn von ihnen erwartet wird, dass sie ‚Amtshilfe‘ für die Polizei leisten, Angaben zu vermuteten Herkunftsländern machen, Abwesenheiten in Unterkünften melden, Adressen von untergetauchten Bewohner_innen weiterleiten oder dass sie an Altersfeststellungen mitwirken. Zudem werden Tätigkeiten an sie herangetragen, die nicht dem Aufgabenspektrum ihrer Profession entsprechen. Dazu gehören Erfahrungsberichten zufolge z.B. kontrollierend-sicherheitsdienstliche und privatwirtschaftlich-verwaltungsbezogene Aufgaben. Diese Tätigkeiten reduzieren nicht nur die Zeit für den eigentlichen Auftrag. Weitaus problematischer ist, dass sicherheitsdienstliche Tätigkeiten oder diese Form der Zusammenarbeit mit der Polizei Sozialarbeiter_innen in Widersprüche zu ihrem beruflichen Ethos bringen. Das gilt auch für die Mitwirkung an Abschiebungen. Eine Beteiligung widerspricht dem professionellen Ethos und fachlichen Selbstverständnis Sozialer Arbeit. Angesichts drohender aufenthaltsbeendender Maßnahmen sollten Sozialarbeiter_innen über sämtliche Handlungsoptionen beraten, damit Betroffene selbst eine informierte Entscheidung treffen können.“

(Auszug aus dem Positionspapier)

http://www.fluechtlingssozialarbeit.de/index.php

„Demo für Jugendhilfe“ – Flüchtlingrechte

Der bayerische Flüchtlingsrat kündigt eine „Demo für Jugendhilfe“ an. Diese soll im Rahmen der bayernweiten Lagerland-Aktionswochen vom 14. – 26. Mai 2012 am 23. Mai um 15.00 Uhr am Karlsplatz Stachus beginnen. Quelle http://www.fluechtlingsrat-bayern.de/

Inhaltlich geht vermutlich um die Schwierigkeit junger Flüchtlinge in Jugendhilfe zu kommen. Die Wartezeiten im Aufnahmelager „Bayernkaserne“ sind lang, ein Teil der 16-18 jährigen Flüchtlinge lebt in Gemeinschaftsunterkünften (sprich Flüchtlingslagern).

Zudem findet am 26. Mai ab 13.30 Uhr eine Abschlussdemonstration zum Bayerischen Landtag statt die am Sendlinger Tor beginnt

NAchtrag 09.05.2012:
Entnommen vom Aufruf:
„Minderjährige Flüchtlinge haben oft eine lange Reise hinter sich. Viele waren jahrelang obdachlos in Griechenland, wurden in Ungarn inhaftiert, oder waren rassistischen Angriffen ausgesetzt. Sie sind meist schwer traumatisiert durch den gefährlichen Fluchtweg zu Fuß, versteckt in LKWs oder mit kleinen Booten. Sie vermissen ihre Familie und haben Heimweh. Wenn sie ankommen, hoffen sie endlich einen Ort der Sicherheit und Ruhe gefunden zu haben.

Stattdessen erwartet sie in Bayern eine menschenunwürdige Unterbringung in Flüchtlingslagern. Diese sind überfüllt, oftmals abgelegen und teils in katastrophalem Zustand – wie zum Beispiel die Bayernkaserne in München, eine Erstaufnahmeeinrichtung, in der vor allem unbegleitete minderjährige Flüchtlinge leben.
Sicherheit und Ruhe gibt es hier nicht. Es herrscht Lärm und Enge, 50 Personen teilen sich eine Küche und ein Bad. Vier Jugendliche oder bis zu acht Erwachsene teilen sich ein Zimmer. Sie bekommen Essenspakete statt Bargeld, Kleidung gibt es nur aus der Kleiderkammer, das Gelände ist umzäunt und erinnert an ein Gefängnis. Oft kommt die Polizei und kontrolliert die Ausweise, manchmal werden die Zimmer durchsucht. „Immer müssen wir den Ausweis zeigen, sie kommen auch manchmal nachts ins Zimmer und sagen manchmal schlechte Dinge zu uns, das ist sehr erniedrigend – wir sind aber keine Kriminellen“, berichtet einer der Jugendlichen.

Es kommt immer wieder zu Selbstverletzungen bis hin zu Suizidversuchen. Die Nächte sind am schlimmsten. Viele Jugendliche weinen und haben Albträume. Um sich um die psychischen und alltäglichen Probleme zu kümmern sind nachts jedoch überhaupt keine und tagsüber zu wenige Betreuer vor Ort.
Bereits Anfang diesen Jahres sahen sich viele Jugendliche aus der Bayernkaserne gezwungen, mit einem sehr drastischen Mittel, auf ihre desolate Lage aufmerksam zu machen – sie traten in einen zweiwöchigen Hungerstreik. Trotz geringfügiger Verbesserungen wurde an der grundsätzlichen Problematik jedoch nichts geändert: Während in anderen Bundesländern auch über 15-jährige jugendliche Flüchtlinge in Jugendwohnungen und Clearingstellen untergebracht werden, müssen sie in Bayern in Flüchtlingslagern leben. Eigentlich müssen die Jugendlichen sofort in eine Jugendhilfeeinrichtung kommen, stattdessen warten sie oft monatelang, manche seit über einem Jahr, auf einen Platz. Besonders problematisch ist es, wenn die Jugendlichen währenddessen 18 Jahre alt werden, dann droht die Verlegung in ein Flüchtlingslager für Erwachsene.

Darüber hinaus besteht, auch für die, die es in die Jugendhilfe geschafft haben, das Problem, dass es nur wenige Schulplätze für jugendliche Flüchtlinge gibt. Manche warten seit über zwei Jahren auf einen Schulplatz. Momentan sind alle Plätze in den Schulen für Flüchtlinge belegt. Viele haben keinen Anspruch auf Ausbildungshilfen wie BAföG, manche unterliegen sogar einem Ausbildungs- und Studienverbot. Nicht einmal der Zugang zu Deutschkursen ist gesichert.

Wir wollen, dass Flüchtlinge in Bayern endlich als Menschen behandelt werden, die in ihrem Leben etwas erreichen möchten und nicht als unerwünschte Belastung in Lager abgeschoben werden. Daher fordern wir:

– Eine jugendgerechte Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen!
– Einen Ort der Sicherheit und Ruhe: Flüchtlingslager wie die Bayernkaserne abschaffen!
– Psychologische Betreuung und ausreichende Therapieplätze!
– Qualitative Deutschkurse, Schulplätze und ein gleiches Bildungs- und Arbeitsrecht für Alle!

ErstunterzeichnerInnen: Jugendliche Ohne Grenzen – Bayern,
NAKO, Karawane München,Bayerischer Flüchtlingsrat, Schülerinitiative München, Grüne Jugend München“

Hungerstreik beendet – Kommentar (aktualisiert)

vgl. http://www.b-umf.de/index.php?/bundeslaender/bayern.html
sowie die Pressemitteilung vom Bundesfachverband -UMF: http://www.b-umf.de/images/pm_bayernkaserne_2012.pdf und JOG http://bayern.jogspace.net/2012/01/17/update-hungerstreik-in-der-bayern-kaserne/.

Grundsätzlich sollte nicht vergessen werden, dass die bayerische Systematik der Lagerunterbringung so angelegt ist, dass Sie die „Bereitschaft zur Rückkehr“ fördert (vgl. Verordnung zur Durchführung des Asylverfahrensgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes und des Aufnahmegesetzes §7 Abs. 5 http://by.juris.de/by/gesamt/AsylDV_BY.htm)

Hat die „Innere Mission“ die legitimen Proteste gedeckelt und eingeschränkt?

Mitglieder des Ausländerbeirats wurde der Zugang zur Bayernkaserne u.a. von der Inneren Mission verweigert vgl. auch http://africa-live.de/index.php?option=com_content&task=view&id=4391&Itemid=11 und http://www.sueddeutsche.de/J5O38f/424707/Auslaenderbeiraete-bleiben-draussen.html

Der Evangelische Presseverband publizierte: „Innere Mission: Protest ist Kontraproduktiv“: http://www.epv.de/node/9663.
Die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der unterschiedlichen Behörden beim Thema „Bayernkasernestraße“ sind komplex, allerdings können auch die Träger Sozialer Arbeit nicht aus der Verantwortung genommen werden, wie es auch der b-umf in ihrer heutigen Pressemitteilung formuliert:
„Die Leitung der Inneren Mission verheizt ihre Mitarbeiter in der aufreibenden und angespannten Erstaufnahmeeinrichtung in der Bayernkaserne. Unter den dort herrschenden Verhältnissen ist eine fachlich adäquate Arbeit völlig unmöglich. Wir nehmen zur Kenntnis, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
Inneren Mission in der Bayernkaserne ihr Möglichstes tun, um die Jugendlichen zu unterstützen. Es ist jedoch offensichtlich, dass die gegebenen Mittel völlig unzureichend sind, um dem Betreuungsauftrag gerecht zu werden und dass die Konzeption des Betreuungsauftrags nicht funktionieren kann. Dass die Leitung der Inneren Mission sich auf dieses Konzept eingelassen hat, disqualifiziert sie als Anwalt der Jugendlichen aufzutreten. Vielmehr wird offenkundig, dass hinter der Debatte um die Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge vor allem wirtschaftliche Interessen stehen. Es ist grotesk, dass Pfr. Andreas Herden von der Inneren Mission in der SZ vom 16.1.2012 seine Loyalität zur Regierung von Oberbayern erklärt, weil die Innere Mission von der Regierung von Oberbayern finanziert wird.“ (Link siehe oben).

Ein ähnliches (beschwichtigendes und Proteste-diskreditierendes) Verhalten war auch schon von anderen Münchner Wohlfahrtsverbänden festzustellen, z.B als bestimmte Flüchtlingsunterkünfte in denen die jeweiligen Wohlfahrtverbände Beratungsstellen hatten in scharfer öffentlicher Kritik standen.

Zur Legitimität der Proteste vgl. z.b. http://www.aks-muenchen.de/?p=414

In diesem Zusammenhang ein Verweis auf ein noch heute relevantes Fachbuch: Cloward, Richard; Fox Piven, Frances: Notes toward a Radical Social Work, in: Bailey, Roy; Brake, Mike (Hrsg.): Radical Social Work, erweiterte amerikanische Ausgabe von 1976 (Erstausgabe 1975) (wohl eher als „kritische Soziale Arbeit“ zu übersetzen).
Hier wird formuliert (vgl. S.XXIIf.):

„The tenets for radical action: First we have to break with the professional doctrine that the institutions in which social workers are employed have benign motives: that the purpose of welfare agencies is to provide health care for the sick; that the purpose of welfare agencies is to provide assistance for the impoverished (…).
Once freed from a belief in the benign character of the social agencies, we can free ourselves from a second item of doctrine that follows logically enough – that what is good for the agency is good for the client, that the interests of the agency and the interests of the client are basically identical.“

Eine Tendenz die sich möglicherweise mit der „Neoliberalisierung“ der Sozialen Arbeit verstärkt hat, da Wohlfahrtverbände zunehmend gewinnorientiert handeln und z.T. Kapitalakkumulation als ihr (Haupt-)Ziel formulieren (vgl. hierzu z.B. Veröffentlichungen von Prof. Norbert Wohlfahrt). Dies bedeutet nicht, dass dies auf jeden Träger Sozialer Arbeit zutreffen muss und z.B. Leitbilder grundsätzlich keine Rolle spielen, eine Tendenz ist jedoch klar erkennbar.

Etwas weniger scharf benannt wird die Problematik auch von Lothar Böhnisch: Sie (die Wohlfahrtsverbände) stehen heute schon am Scheideweg zwischen einer sozialpolitischen Organisation, die Öffentlichkeit verlangt und soziale Konflikte aufnehmen kann und einer binnenzentrierten markt- und betriebswirtschaftlcihen Profilierung, die Öffentlichkeit und gesellschaftliche Konfliktaustragung eher ausschließt und sich im Lobbyismus erschöpft (vgl. Sozial Extra, 1/2 2012, S.47 Springer VS Verlag).