Heute ist Drogentotengedenktag. Hierzu hält der AKS am Marienplatz eine Rede.
308 der 1207 Drogentoten sind 2017 in Bayern verstorben.
Unsere Rede findet sich zum Download hier:
Rede AKS zum Drogentotengedenktag 2018 final
Rede AKS zum Internationalen DrogenTotenGedenktag am 21.7.2018
Auch wir vom AKS möchten etwas zum internationalen Drogen-Toten-Gedenktag beitragen.
Als Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit wollen wir hier und heute unsere Position zur nationalen und internationalen Drogenpolitik ansprechen. Wir wollen aber auch zu der Rolle Stellung beziehen, in der wir als SozialarbeiterInnen in diesem Zusammenhang oftmals gesehen, zum Teil sogar gedrängt und funktionalisiert werden.
Die RednerInnen vor uns haben schon gut erörtert, worum es heute geht. Wir gedenken der vielen Drogentoten, die wir auch als Opfer der internationalen restriktiven Drogenpolitik sehen. Und da es der Internationale Drogentotengedenktag ist, wollen wir auch die globalen Ausmaße dieser Politik hier und heute ansprechen.
Uns geht es hier nicht nur um die Drogentoten, die aufgrund verunreinigter Substanzen sterben, sondern auch um die gesellschaftlichen Umstände in denen DrogengekonsumentInnen clandestin leben müssen.
Uns geht es aber auch darum, der vielen Toten zu gedenken, die als s.g. „Kollateralschäden“ in Folge von Landvertreibungen, Drogenkriegen und drogenfinanzierter Kriege in Kauf genommen werden.
Aus der Geschichte wissen wir, Prohibition führt zu weiterer Verelendung der Konsumenten und der Produzenten (gemeint sind hier die Bauern und Arbeiter auf den Feldern), und führt zu scham- und skrupelloser Bereicherung der Profiteure.
Die Profiteure sind nicht nur die mexikanischen Kartelle oder die Taliban weit weg, sondern auch die Waffenlieferanten und skrupellose Händler vor Ort, deren maßlose Gewinne mit tatkräftiger Unterstützung aus Europa aufrechterhalten und gesichert werden.
Und das nicht nur durch deutsche Waffenlieferungen von z.B. Heckler & Koch, sondern allein schon durch die Prohibitionspolitik, die diese dunklen Geschäfte des organisierten Verbrechens erst möglich und so richtig profitabel macht.
Es kommt zu Korruption bis in die höchsten Ebenen, zu Landvertreibungen der örtlichen Bevölkerung. Fluchtursachen werden so aktiv geschaffen.
Diese Politik dient aber auch dem weiteren Ausbau eines Überwachungsstaates, dem Ausbau von s.g. Polizeiaufgaben, eines Überwachungswahns hier in Bayern und der Durchsetzung eines Generalverdachtes gegenüber jedem Drogengebraucher.
Es sollte klar sein, dass Prohibition weder die Produktion noch den Konsum von Rauschmitteln unterbindet.
Dealer und Konsumenten aber auch neue Stoffkombinationen finden immer ihren Weg, selbst in die Knäste. So kommt es seit Jahrzehnten zu immer wieder „neuen“ Drogencocktails wie s.g. DesignerDrogen, Legal Highs, Badesalze, zu so absurden Kombinationen wie Krokodil, eine teuflische Mischung aus Hustensaft, Benzin, Farbverdünner, Salzsäure und rotem Phosphor als Heroinersatz oder dem nun auch schon seit Jahren etablierten Crystal Meth.
An den Infoständen hier können Sie sich über die Wirkungen und Gefahren der verschiedensten Mittel und Substanzen informieren.
Der Mensch findet immer seinen Weg zum Rausch und zur Droge.
Durch die Prohibitionspolitik profitieren kriminelle Banden von dem Elend, welches die Prohibition schafft und weiter verschärft.
Diese Politik verhindert einen selbstbestimmten und selbstverantwortlichen Umgang mit Rauschmitteln und sorgt für eine massive Kriminalisierung und Verelendung von Konsumenten.
Und wir, Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen, sollen dieses forcierte Elend verwalten und verstecken. Wir sind aber keine Elendverwalter.
Unsere Aufgabe ist es nicht und kann es nicht sein, das Leben im Elend zu befrieden. Unsere Aufgabe besteht darin, gesamtgesellschaftlich die Lebensbedingungen zu verbessern.
Das ist unser Selbstverständnis als kritische SozialarbeiterInnen.
Lassen Sie uns kurz auf Beispiele blicken, wie es anders laufen kann.
Uruguay hat als erstes Land auf der Welt Cannabis legalisiert, und damit die Cannabis-Mafia ruiniert und im Gegenzug die Steuereinnahmen erhöht
In Staaten der USA, wie z.B. Colorado, bekommt man die Vorteile der Abkehr von der Prohibition deutlich zu spüren. Die Legalisierung des Marktes führt zur Entkriminalisierung der Konsumenten
Erst kürzlich, Mitte Juni, hat das kanadische Abgeordnetenhaus mit überwiegender Mehrheit und der Senat ein Gesetzt verabschiedet, welches den Anbau und Verkauf von Cannabis legalisiert
Auch Portugal entwickelt sich in eine solche Richtung, und das Beispiel Holland muss inzwischen ja schon nicht mal mehr erwähnt werden
Deshalb fordern auch wir:
Straffreiheit für den Besitz illegalisierter Substanzen und die Mittel für Strafverfolgung umzusteuern und für Prävention aufzuwenden
eine kostendeckende Finanzausstattung für Soziale Arbeit, anstatt einen marktwirtschaftlichen Wettbewerb zu schaffen und Konkurrenzsituationen auf Kosten der KlientInnen zu fördern
die kontrollierte Vergabe von Substanzen und die Schaffung von Konsumräumen, um sicheren, risikoarmen Konsum zu gewährleisten, sowie eine schnelle professionelle Erst Hilfe im Drogennotfall sicher zu stellen
Drugchecking, um Stoffe auf Verunreinigungen prüfen lassen zu können, um auch den DrogengebraucherInnen einen Verbraucherschutz zu gewährleisten.
Verpackungen mit Hinweisen zur Substanz und Konsumform einschließlich Warnhinweisen etwa zur Reinheit und Zusatzstoffen ähnlich wie beim bayrischen Reinheitsgebot
Durch die Lebensmittelüberwachung kontrollierte Produktqualität
Produkthaftung für Händler und Hersteller
Erhebung von zweckgebundenen Steuern auf verkaufte Substanzen für Prävention und medizinische Hilfen
Durch die Umsetzung dieser Maßnahmen kann
eine deutliche Verringerung gesundheitlicher Risiken und Schädigungen Drogen gebrauchender Menschen erreicht werden
eine weitgehende Austrocknung des Schwarzmarktes und eine drastische Reduzierung der s.g. Beschaffungskriminalität erfolgen
mit den Produzenten Fair Trade Lösungen und damit bessere Arbeits- und Lebensbedingungen ausgehandelt werden
Wir als kritische SozialarbeiterInnen stehen ein, für eine Gesellschaft in der ein selbstbestimmter und selbstverantwortlicher Umgang mit Drogen erlaubt und möglich ist.